Kategorie
Zivilverfahren – Berufungsurteil
Normen:
BGB § 823 Abs. 1, § 823 Abs. 2, § 1004
BJagdG § 1 Abs. 1, § 1 Abs. 5, § 19 Abs. 1 Nr. 17, § 39 Abs. 1 Nr. 5
BWaldG § 14
WaldG MV § 28
StGB § 292 Abs. 1 Nr. 2
Verf MV Art. 12 Abs. 2
Leitsätze:
- Gemäß § 1 Abs. 1 BJagdG ist das Jagdrecht die ausschließliche Befugnis, auf einem bestimmten Gebiet wildlebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen (Wild) zu hegen, auf sie die Jagd auszuüben und sie sich anzueignen. Gemäß Abs. 5 umfasst das Recht zur Aneignung von Wild auch die ausschließliche Befugnis, sich u.a. Abwurfstangen anzueignen. Folglich ist das Jagdausübungsrecht ein absolut geschütztes Recht i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB.(Rn.28)
- Das Stangensammeln ohne schriftliche Erlaubnis des Jagdausübungsberechtigten kann als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Zudem kann die Aneignung der Stangen ohne schriftliche Erlaubnis des Jagdausübungsberechtigten Diebstahl bzw. Wilderei darstellen und deshalb strafrechtlich verfolgt werden.(Rn.25)
- Wer außerhalb der ihm in einem Sammelschein zugestandenen Zeiten in einem fremden Jagdrevier Abwurfstangen sammelt, handelt widerrechtlich. Er kann wegen eines Verstoßes gegen §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 19 Abs. 1 Nr. 17 BJagdG und § 292 Abs. 1 Nr. 2 StGB auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.(Rn.27)
- Der Unterlassungsanspruch ist nicht nur auf die Unterlassung der konkreten Handlungsweise gerichtet – hier des Stangensammelns entsprechend dem Hilfsantrag -, sondern er umfasst auch Beeinträchtigungsformen, die den Kern der Störung inhaltsgleich wiederholen.(Rn.29)
- Das grundsätzliche Waldbetretungsrecht für jedermann aus § 14 BWaldG, Art. 12 Abs. 2 Landesverfassung M-V und § 28 LWaldG M-V steht einem Verbot, sich im Eigenjagdrevier außerhalb der Wege aufzuhalten, nicht entgegen. Das Recht auf Betreten des Waldes findet seine Grenze, wo gegen Rechte der Eigentümer und der Jagdausübungsberechtigten verstoßen wird und der „Erholungszweck“ zu einer spürbaren Beeinträchtigung bzw. einer systematischen Störung der Jagdausübung führt.(Rn.30)
Vorinstanz:
LG Neubrandenburg – Urteil vom 10. Juli 2018 – 3 O 241/17
Volltext:
OLG Rostock – Urteil vom 27.03.2020 – 5 U 129/18
Kurz-Sachverhalt:
Die Kläger sind Inhaber eines Eigenjagdreviers und nehmen den Beklagten auf Unterlassung des Stangensammeln in deren Jagdrevier in Anspruch. Der Beklagte betriebt seit mindestens 15 Jahren das Sammeln von Abwurfstangen als sein „Spezialhobby“. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Entscheidung
Das OLG hat das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg abgeändert und den Beklagten verurteilt, es zu unterlassen sich im Jagdrevier es Klägers im Zeitraum von 01. Februar bis zum 20. März eines jeden Jahres außerhalb der Wege aufzuhalten, ohne im Besitz eines gültigen Stangensammelscheines zu sein. Für Fälle der Zuwiderhandlung wird ihm ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.